Das 0:0 gegen Schottland wird in England wie eine Blamage gesehen. Als Titelkandidat enttäuschten die "Three Lions" gegen einen Außenseiter. Das Fehlen von Jadon Sancho erhitzte die Gemüter zusätzlich.
Gegen Kroatien saß Jadon Sancho 90 Minuten auf der Tribüne. Nicht einmal in den Kader der englischen Nationalmannschaft hatte er es geschafft. Durch den 1:0-Sieg fiel die Kritik an Trainer Gareth Southgate noch gering aus, für Stirnrunzeln sorgte er dennoch.
Doch nach dem 0:0 gegen Schottland mit 90 Minuten Jadon Sancho auf der Bank erreichte die Kritik ein anderes Level. Denn der Auftritt Englands im "Battle of Britain" am Freitag war gerade offensiv sehr enttäuschend. Der Angriff um Harry Kane, Phil Foden und Raheem Sterling kam nur selten am Abwehrriegel der Schotten vorbei. Mit Sancho hätte Southgate eine Option gehabt, die gegen solche Gegner wie gemacht ist. Der Flügelstürmer von Borussia Dortmund ist aufgrund seiner Qualitäten im Dribbling und im Abschluss eine Waffe gegen tiefstehende Defensivreihen. Trotzdem entschied sich der Trainer gegen eine Einwechslung des 21-Jährigen. Als er Phil Foden aus dem Spiel nahm, brachte er Jack Grealish ins Spiel. Jadon Sancho blieb draußen.
Das sorgte für Unverständnis bei mehreren TV-Experten. Fußballlegende Rio Ferdinand sagte beispielsweise auf seinem YouTube-Kanal: "Die Auswechslungen waren schwach. (...) Sancho muss doch irgendwas hinter den Kulissen gemacht haben. Er hatte in den vergangenen drei Jahren die meisten Torbeteiligungen hinter Sterling und Kane. Ich kann es einfach nicht verstehen. Er kam im ersten Spiel nicht auf die Bank, im zweiten durfte er nicht seine Schuhe schnüren und auf dem Platz steht eine Mannschaft, die nur darauf wartet, besiegt zu werden."
"Er ist einer der besten Spieler in der Welt des Fußballs"
Auch der ehemalige englische Nationalspieler Ian Wright konnte die Entscheidungen Southgates nicht nachvollziehen. "Du hast Sancho auf der Bank – 15 Tore und 20 Vorlagen diese Saison – und er wird nicht eingewechselt. Wir müssen mehr Chancen kreieren. Ich schäme mich für uns heute", sagte er bei "itv Sport".
Die Talkrunde bei ESPN UK schlug in die gleiche Kerbe. Selbst der schottische Ex-Profi Dan Hutchinson pflichtete seinen englischen Kollegen bei. "Er (Sancho) ist einer der besten Spieler in der Welt des Fußballs. Seine Form ist unglaublich, seine Zahlen sind unglaublich. Und selbst wenn man all das ausklammert und sich die Frage stellt: Welches Spiel wäre maßgeschneidert für einen Jadon Sancho? Man würde antworten, dass es die letzten 20 Minuten dieser Partie gewesen wären. Schottland hat mit fünf Spielern verteidigt, hatte noch zwei defensive Mittelfeldspieler und wollte nicht verlieren."
Druck vor dem Tschechien-Spiel
Gareth Southgate bekam die Kritik zum Teil erst am Samstagmorgen ab, doch schon auf der Pressekonferenz nach dem Spiel am Freitag äußerte sich der 50-Jährige indirekt zu den Vorwürfen und übernahm Verantwortung: "Ich verstehe die Kritik als Trainer und sie sollte sich auch gegen mich richten. Ich sollte für die richtigen Resultate sorgen und davon müssen wir die Spieler überzeugen. (...) Ich verstehe auch, dass dieses Spiel den Leuten so viel bedeutet und in diesen Derbys ganz besonders."
Am Dienstag steht für Southgate und England das finale Gruppenspiel an. Gegen Tschechien müssen drei Zähler her für den Gruppensieg, denn der deutsche Nachbar ist momentan noch auf Rang eins aufgrund des besseren Torverhältnisses bei gleicher Punktzahl. Southgate braucht also dringend einen Sieg für mehr Ruhe um seine Person.
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