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Neue Technik: Wie das Warnsystem Cell Broadcast funktioniert - Aachener Nachrichten

Neue Technik : Wie das Warnsystem Cell Broadcast funktioniert

Andere Länder setzen das automatische Warnsystem bereits seit Jahren erfolgreich ein – die Flutkatastrophe soll der Technik nun auch in Deutschland zum Durchbruch verhelfen.

Experten sind sicher: Hätte es vor der Flutkatastrophe in Deutschland das Warnsystem Cell Broadcast gegeben, hätten viele Todesopfer vermieden werden können. Jetzt gibt es breite Unterstützung für die Einführung der Technik. Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen dazu, was es damit auf sich hat.

Wie funktioniert Cell Broadcast?

Der Begriff meint den automatisierten Versand von warnenden Textnachrichten, die einer SMS ähneln. Dabei kann der Katastrophenschutz automatisch allen Geräten mit Mobilfunkempfang innerhalb einer bestimmten Region die Nachricht zukommen lassen. Das Gebiet wird anhand der verfügbaren Funkmasten eingegrenzt. Alle Menschen, die sich in dieser Funkzelle befinden, bekommen binnen Sekunden die Nachricht auf ihr Handy geschickt. Auch dann noch, wenn ansonsten das Funknetz zusammengebrochen ist. Maximal stehen 1395 Zeichen für die Botschaft zur Verfügung, auch ein Warnton gehört dazu.

Welche Vor- und Nachteile hat es gegenüber Warnapps?

Die Vorteile sind, dass auch alte Handys die Warnhinweise empfangen können. Die Technik ist bereits seit Jahrzehnten erprobt, alle gängigen Geräte sind dafür ausgelegt. Es sind also keine Smartphones und Apps nötig, um die Warnung zu erhalten. Der Nachteil ist lediglich, dass mit der Nachricht keine Audio- oder Bilddateien versendet werden können. Die Warnung erscheint auf dem Startbildschirm der Geräte, in manchen Handys muss der Empfang von Cell-Broadcast-Nachrichten vom Besitzer in den Geräteeinstellungen aktiviert werden. Nach Angaben des IT-Branchenverbandes Bitkom verfügen zwölf Prozent der Deutschen über kein Handy. Sie werden auch künftig vor allem über den Rundfunk, Sirenen und Lautsprecherdurchsagen der Einsatzkräfte gewarnt werden müssen.

Wie steht es um den Datenschutz?

Weil die Nachricht automatisch an alle Rufnummern in der jeweiligen Funkzelle verschickt wird und keine Empfangsbestätigung zurückgeschickt wird, bleiben die Empfänger anonym. Die Nachricht wird wie ein Radiosignal gesendet, das unterscheidet Cell Broadcast maßgeblich von SMS. Die Behörden und Mobilfunkunternehmen haben damit keine Kenntnis über den Empfängerkreis, Datenschützer sehen die Technik entsprechend unkritisch.

Warum gibt es die Technik bislang nicht in Deutschland?

Die EU hatte zwar vorgeschrieben, dass bis 2022 alle Mitgliedsstaaten über ein Warnsystem verfügen müssen, Deutschland und andere Staaten setzten sich bei der europäischen Regelung aber für Technologieoffenheit ein. Cell Broadcast wurde nicht vorgeschrieben, stattdessen setzte die Bundesregierung bislang auf einen Mix aus Sirenen und offiziellen Warnapps wie NINA und Katwarn.

Bis wann ist mit einer Einführung zu rechnen?

Der politische Widerstand ist spätestens seit der Flutkatastrophe in sich zusammengefallen. Auch das Bundeswirtschaftsministerium teilte nun auf Anfrage mit, es würde die Einführung begrüßen. Zuständig ist Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU). Er kündigte eine Einführung noch in diesem Jahr an, die Umsetzung dürfte aber bis zum kommenden Jahr dauern. Schließlich müssten die Mobilfunknetze noch für die Technik freigeschaltet werden, eine gesetzliche Grundlage fehlt bislang. Kommt die bis zur Wahl, halten Experten den Einsatz ab Sommer 2022 für realistisch.

Was kostet das?

Die Nutzer müssen für den Empfang der Warnhinweise nichts bezahlen, sie sind wie die offiziellen Warnapps kostenlos. Doch die Einrichtung des Systems und der Unterhalt kosten Geld. In der Politik heißt es, die Mobilfunkanbieter hätten die Startinvestionen auf etwa 20 Millionen Euro und die jährlichen Kosten auf etwa zehn Millionen Euro beziffert. Die Mobilfunkbetreiber in der Bundesrepublik – Deutsche Telekom, Vodafone Deutschland und Telefonica Deutschland – wollen sich zu den Kosten offiziell frühestens äußern, wenn eine Ausschreibung vorliegt. Gespräche der Mobilfunkfirmen mit den zuständigen Behörden hinsichtlich einer potenziellen Implementierung und Ausgestaltung der Cell-Broadcasting-Technologie für Warnnachrichten laufen bereits.

Was sind die nächsten Schritte?

Das Bundesinnenministerium prüft derzeit, ob und unter welchen rechtlichen Rahmenbedingungen eine verpflichtende Einführung der Cell Broadcasting Technologie erfolgen kann. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hat im April bereits eine Machbarkeitsstudie beauftragt, die unterstreichen soll, dass Warnmeldungen via Cell Broadcast in Deutschland möglich und sinnvoll sind. Das Beschaffungsamt des Bundesinnenministeriums prüft zudem, ob Aufträge zur technischen Einrichtung europaweit ausgeschrieben werden müssten. Auch die beim Wirtschaftsministerium angesiedelte Bundesnetzagentur ist im Boot, wenn es um die Festlegung technischer Details geht.

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