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Zverev besiegt Djokovic und steht im Olympia-Finale - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Bei manchen Tennisspielern fließen die Tränen regelmäßig. Egal ob aus Freude oder aus bitterer Enttäuschung. Sabine Lisicki weinte einst sogar, noch während sie dabei war, das Wimbledonfinale zu verlieren. Viele andere tun es, wenn sie gerade einen großen Titel gewonnen haben. Alexander Zverev hat man dagegen noch nicht allzu oft mit feuchten Augen gesehen. Das liegt normalerweise nicht in seinem Naturell.

Doch an diesem Freitag in Tokio schluchzte auch der derzeit beste deutsche Tennisprofi hemmungslos. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass gerade etwas Außergewöhnliches passiert war. Mit einer herausragenden Leistung hatte der 24-jährige soeben im olympischen Halbfinale Novak Djokovic besiegt. 1:6, 6:3, 6:1 in 2:03 Stunden.

„Das war mit Sicherheit einer meiner emotionalsten Siege. Ich habe für Deutschland eine Medaille gesichert“, sagte er anschließend bei Eurosport. „Das ist ein wahnsinniges Gefühl, weil ich weiß, dass ich hier nicht nur für mich und meine Familie spiele, sondern für alle, die hier im Olympischen Dorf sind, für alle, die zuhause zuschauen.“

Plötzlich Favorit um Gold

Nach seiner Tennis-Sensation saß Zverev minutenlang tief bewegt auf seiner Spielerbank. Als erster deutscher Tennisspieler kann er nun Olympiasieger im Herren-Einzel werden. Sein Gegner im Finale am Sonntag ist der russische Überraschungsfinalist Karen Chatschanow. Anders als gegen Djokovic, den Weltranglistenersten, den Gewinner von 20 Grand-Slam-Titeln und der Australien Open, French Open und Wimbledon in diesem Jahr, ist Zverev dann Favorit.

Die erste Einzel-Medaille seit dem Silber von Tommy Haas vor 21 Jahren ist ihm allerdings auch so schon sicher. Doch Zverev will mehr. „Am Ende des Tages ist meine größte Motivation, die Medaille zu holen – und hoffentlich Gold“, hatte Zverev am Vortag gesagt. „Karen ist im Finale, weil er in dieser Woche unglaubliches Tennis spielt. Er ist ein einer Wahnsinnsform“, sagte er nun. „Es wird kein einfaches Match sein, egal, wer wo in der Rangliste steht."

Auf dem Centre Court lieferte die deutsche Nummer eins gegen den bislang in diesem Jahr überragenden Star der Tennis-Szene ab Mitte des zweiten Satzes eine ganz starke Leistung ab. Ein Wutanfall des Weltranglisten-Fünften führte zur Wende, als es gerade so aussah, als würde seine Niederlage im vermeintlichen vorweggenommenen Endspiel kurz bevorstehen.

Als Zverev mit einem missratenen Netzangriff im zweiten Satz dem serbischen Topfavoriten sein Aufschlagsspiel zum 2:3 überlassen musste, ließ er seinem Ärger Luft und schlug einen Ball aus der Tokioter Tennis-Arena. Aus der kleinen Unterstützer-Gruppe im eigentlich Zuschauer-leeren Stadion schallten zugleich „Nole, Nole“-Rufe in Richtung von Djokovic.

Doch die Szene war wie ein Weckruf für Zverev. Er drehte auf: Zwischenzeitlich gelang ihm eine beeindruckende Serie von 12:1-Punkten und damit der Satzausgleich. Im entscheidenden Durchgang machte Zverev dann kurzen Prozess mit dem großen Favoriten. Er behielt die Nerven und nahm Djokovic sogar gleich dreimal dessen Aufschlag ab.

Auf Spuren deutscher Tennis-Größen

Der Olympia-Debütant Zverev wandelt in der japanischen Hauptstadt nun auf den Spuren deutscher Tennis-Größen. Steffi Graf gewann 1988 in Seoul Gold und vier Jahre später Silber. Boris Becker und Michael Stich holten 1992 in Barcelona Gold im Doppel. Vor fünf Jahren in Rio hatte zudem Angelique Kerber das olympische Finale erreicht. Sie verlor allerdings gegen die Puerto Ricanerin Monica Puig.

Neben seinem eigenen Erfolg verteidigte Zverev mit dem Sieg über Djokovic auch das Alleinstellungsmerkmal der deutschen Ikone Graf. Denn sie bleibt nun die bislang einzige Tennisspielerin, die den sogenannten Golden Slam schaffte, den Gewinn aller vier Grand-Slam-Turniere und der olympischen Goldmedaille in einem Kalenderjahr.

Djokovic, der im Mixed-Halbfinale mit Landsfrau Nina Stojanovic kurz darauf auch seine zweite Goldchance in Tokio verspielte, schien das Scheitern dieses Vorhabens aber zu verkraften. Sportlich fair und im Stile eines wahren Champions nahm er die Niederlage hin. Als Zverev und er sich nach dem Match am Netz umarmten, raunte dieser ihm zu: „Du bist trotzdem der Größte aller Zeiten.“

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