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Elektromobilität: Neues Geschäftsfeld: Bosch investiert 500 Millionen Euro in Technik für grünen Wasserstoff - Handelsblatt

Stuttgart, Düsseldorf Der Ukrainekrieg bringt die Lieferketten durcheinander, die Rohstoffpreise schießen in die Höhe, und die Transformation zur Elektromobilität wird auch finanziell zum Kraftakt: In dieser schwierigen Lage hat Bosch-Chef Stefan Hartung ein neues Geschäftsfeld ausgemacht. Der Technologiekonzern investiert eine halbe Milliarde Euro in den kommenden acht Jahren in die Entwicklung von Komponenten für die Wasserstoff-Elektrolyse.

„Wir wollen den raschen Aufbau einer Produktion von Wasserstoff in Europa mit Bosch-Technik unterstützen“, kündigte Hartung am Mittwoch bei der Vorlage der Jahresbilanz an. Der 56-Jährige, der den Konzern seit Januar führt, nennt solche Vorstöße: „die Zukunft entschlüsseln“. Mit der Wasserstoff-Initiative setzt er nun einen ersten Akzent und treibt zugleich die Bemühungen voran, Bosch weniger abhängig vom derzeit unter Druck stehenden Autogeschäft zu machen.

Grüner Wasserstoff gilt unter Experten als wichtiger Baustein für das Gelingen der Energiewende. Hergestellt wird er mithilfe des Elektrolyseverfahrens aus erneuerbarem Strom, zum Beispiel aus Wind und Sonne. Dabei wird Wasser mithilfe von Strom in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff zerlegt.

Wasserstoff: Bosch will mit Produktionstechnik unabhängiger werden

Regenerativ erzeugter Wasserstoff ist als Ergänzung der Elektromobilität für Hartung ein Schlüssel zum Gelingen der Energiewende. Den größten Bedarf sehen Experten derzeit in Industrie, Schiffsverkehr und Luftfahrt. Überall dort, wo der Einsatz einer Batterie teurer oder nur schwer realisierbar ist.

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Bosch hat zudem seine bestehenden Investitionen in die Brennstoffzellentechnik auf eine Milliarde Euro aufgestockt. Das bereits erlangte Know-how soll jetzt bei der Wasserstoffproduktion zusätzliche Verwendung finden. Wie in der Brennstoffzelle bildet der Stack, also der Stapel mehrerer Hundert einzelner Zellen, auch im Elektrolyseur das zentrale Element. In jeder der in Serie geschalteten Zellen wird Wasser mithilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff umgewandelt – umgekehrt zur Brennstoffzelle, in der aus Wasserstoff und Sauerstoff elektrische Energie entsteht.

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Damit das alles funktioniert, sind die Anlagen gespickt mit Steuergerät, Leistungselektronik und Sensorik von Bosch. Allerdings arbeitet der Konzern bei Lücken im eigenen Know-how wie bei der Brennstoffzelle auch mit Entwicklungspartnern zusammen.

Hohe Gaspreise machen grünen Wasserstoff jetzt schneller wirtschaftlich

Zwischen 60 und 70 Millionen Euro jährliche Investitionen in das neue Geschäftsfeld nehmen sich bei einem Konzern mit 45 Prozent Eigenkapitalquote und einer Liquidität in zweistelliger Milliardenhöhe zwar überschaubar aus. Aber der Vorstoß zeigt, dass Investitionen in Energiethemen für das Unternehmen jetzt immer wichtiger werden.

Eigentlich sollte grüner Wasserstoff aus erneuerbaren Energien erst in ein paar Jahren wettbewerbsfähig sein. Weil Wasserstoff aus erneuerbaren Energien mehr als doppelt so teuer war wie Wasserstoff aus fossilem Erdgas, haben Experten erst in fünf bis zehn Jahren mit einem Durchbruch für die Zukunftstechnologie gerechnet.

Ukraine-Krieg: Wasserstoff wegen steigender Gaspreise attraktiver

Doch der Ukrainekrieg beschleunigt den Wandel deutlich. Seit der Gaspreis auf ein neues Rekordniveau gestiegen ist und auf absehbare Zeit hoch bleiben wird, rechnet sich nachhaltiger Wasserstoff jetzt deutlich schneller als gedacht – und könnte den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft damit beschleunigen.

Bosch hat diese Entwicklung jetzt rasch aufgegriffen. Die Schwaben erwarten auf Grundlage von Berechnungen der EU einen rasanten Anstieg des Bedarfs an grünem Wasserstoff auf rund zehn Millionen Tonnen jährlich bis 2030. Für den Elektrolyseur-Komponentenmarkt insgesamt rechnet Bosch zu diesem Zeitpunkt weltweit mit einem Volumen von rund 14 Milliarden Euro. Die größten Wachstumsraten solle es in Europa geben.

Stefan Hartung

Der Bosch-Chef hat mit Wasserstoff-Technik ein neues Geschäftsfeld ausgemacht.

(Foto:&#160dpa)

Das Potenzial haben auch andere Industriegrößen wie Siemens Energy, Linde oder Air Liquide erkannt und bauen ihre Elektrolysefertigungen massiv aus. Erst vor Kurzem kündigte Thyssen-Krupp an, seine Elektrolysesparte unter dem Namen Nucera an die Börse zu bringen. Die EU erwartet, dass sich die Elektrolysekapazitäten hierzulande bis 2030 von derzeit 1000 Megawatt auf 40.000 Megawatt vervielfachen werden.

Bosch will insgesamt in den kommenden drei Jahren gut drei Milliarden Euro in klimaneutrale Technik wie Elektrifizierung und Wasserstoff investieren. Die Anlagen sollen als Module kombinierbar sein und sowohl in kleinen Anlagen bis zehn Megawatt Leistung als auch in gigawattstarken Großanlagen Anwendung finden. Durch schnelle Industrialisierung sollen die Kosten sinken. Erste Auslieferungen sind für 2025 geplant.

Gesteuert werden sollen die Anlagen über die Cloud. Damit solche Projekte bei Bosch vernetzt laufen, kündigte Hartung hohe Investitionen in die Digitalisierung des Stiftungsunternehmens an – allein zehn Milliarden Euro in den kommenden drei Jahren.

Magere Rendite im automobilen Kerngeschäft von Robert Bosch

Die Geschäfte von Bosch liefen im vergangenen Jahr wieder besser. Bei einem um ein Zehntel auf 78,7 Milliarden Euro gestiegenen Umsatz verbesserte sich das operative Ergebnis von 2,8 auf vier Prozent vom Umsatz. Der Nettogewinn betrug 2021 laut Geschäftsbericht rund 2,5 Milliarden Euro, nach rund 750 Millionen Euro im Jahr zuvor, das jedoch stark von der Corona-Pandemie beeinflusst war. Aber die Ertragslage sieht der neue Finanzchef Markus Forschner bereits wieder bedroht. Zwar werde der Umsatz wie prognostiziert in diesem Jahr wohl unter anderem auch inflationsbedingt um sechs Prozent steigen, aber die Rendite dürfte zwischen drei und vier Prozent und damit unter dem Vorjahresniveau liegen.

Sorgenkind ist dabei das Geschäft mit der Autoindustrie. Die Sparte Mobility, der größte Konzernbereich, hat im vergangenen Jahr zwar die Rückkehr in die schwarzen Zahlen geschafft, herausgekommen sind aber nur magere 0,7 Prozent Ebit-Rendite. Der hinter Bosch zweitgrößte deutsche Autozulieferer ZF hat dagegen rund fünf Prozent erreicht.

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Bosch mit seinem extrem hohen Elektronik-Anteil hat die Halbleiterkrise offensichtlich stärker getroffen, auch weil der Konzern die Produktion von Volumenmodellen beliefert. Angesichts des Chipmangels haben die Autohersteller die verfügbaren Halbleiter lieber in die margenträchtigen Topmodelle eingebaut. Zudem wird die renditestarke Dieseltechnik, eine der Hauptertragsquellen von Bosch, immer weniger nachgefragt.

Und der Druck nimmt zu. „Auch Bosch wird die nochmals erheblich gestiegenen Rohstoff-, Halbleiter- und Logistikkosten an seine Kunden weitergeben müssen“, erklärte Spartenchef Markus Heyn in Richtung der Autobauer. „Nur dann können wir unser Zuliefergeschäft für die Autoindustrie weiterhin profitabel betreiben.“ Autobauer wie Mercedes hatten im ersten Quartal mit zweistelligen Renditen geglänzt.

Konfrontation mit den Autobauern steht bevor

Der Branche drohen nun harte Auseinandersetzungen. Denn auch Marktführer Bosch kann sich in seinem Kerngeschäft solche Zahlen nicht dauerhaft leisten. Und nicht jeder Autozulieferer agiert aus einer so starken Position und verfügt notfalls noch über Ausgleich durch andere Konzernsparten. Mahle, immerhin ein Konzern mit zehn Milliarden Euro Umsatz, hatte kürzlich die Autobauer zur Krisenhilfe aufgefordert.

Die Zeichen zwischen Autoherstellern und Zulieferern stehen auf Sturm. Die Nachbesserungsverhandlungen finden in der Regel erst in der zweiten Jahreshälfte statt. Nach der noch stabilen Autonachfrage im vergangenen Jahr ist in den vergangenen Monaten die Nachfrage nach Fahrzeugen vor allem in Europa massiv eingebrochen.

Elektromobilität: Bosch mit Aufträgen für zehn Milliarden Euro

Zwar hat Bosch laut Hartung Aufträge für die Elektromobilität in Höhe von zehn Milliarden Euro hereingeholt, aber die Margen sind dort häufig kleiner als in der Verbrennertechnik, und es drängen mehr Konkurrenten auf den Markt. Die Transformation kommt jetzt in ihre entscheidende Phase.

Bosch stellt neben Autokomponenten auch Hausgeräte, Elektrowerkzeuge, Industrie- und Gebäudetechnik her. Hartung hofft auf einen Ausgleich durch die derzeit profitableren Sparten.

Der Bosch-Chef sieht als Auswirkung des Ukrainekriegs auf den Klimaschutz kurzfristig eine verlangsamte Reduktion des CO2-Ausstoßes, langfristig aber vor allem in Europa eine beschleunigte technologische Transformation. „Für die Politik kann dies der Anlass zu mehr Entschlossenheit sein, sei es in der Förderung der energetischen Gebäudesanierung oder dem massiven Ausbau der regenerativen Energieerzeugung“, sagte Hartung.

Allein in das Geschäft mit Wärmepumpen investiert Bosch in den kommenden drei Jahren zusätzlich 300 Millionen Euro. Insgesamt will der Konzern mit inzwischen über 400.000 Beschäftigten seine Forschungs- und Entwicklungskosten mit 6,1 Milliarden Euro im vergangenen Jahr weiter hochhalten. Russland spielt trotz 3500 Beschäftigten in drei Werken als Markt für Bosch eine untergeordnete Rolle.

Mehr: Bosch-Chef warnt vor deutschem Ausstieg aus russischen Gaslieferungen.

Dieser Artikel erschien zuerst am 04.05.2022 um 10:30 Uhr.

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