Über viele Jahre hatte der FC Schalke 04 das Problem, dass Namen aus Sitzungen des Aufsichtsrates nach außen drangen, die geheim bleiben sollten. Nun aber stellte sich das Problem, dass ein Name in eine Sitzung des Aufsichtsrates drang. Während die elf Männer des Kontrollgremiums am Freitag tagten, brummten die Mobiltelefone. Ralf Rangnick, so die nahezu zeitgleichen Meldungen der »Bild« und der Funke Mediengruppe, sei bereit, als Sportvorstand nach Schalke zurückzukehren.
Seitdem bewegt der Name den FC Schalke 04. Die 0:5-Niederlage beim VfL Wolfsburg, die den Abstieg wieder ein gehöriges Stück näher brachte, geriet zur Randnotiz. Rangnick, so scheint es, müsse nur berufen werden, dann sei der Wiederaufstieg perfekt. Diese Euphorie ist verständlich, denn der 62-Jährige steht für das, was dem Klub in den vergangenen Jahren fehlte, in erster Linie Kompetenz.
Als Trainer war Rangnick bereits zweimal in Gelsenkirchen aktiv. Im September 2004 wurde er Nachfolger von Jupp Heynckes. Es ging bis an die Tabellenspitze, aber eine Schwächephase kostete die Meisterschaft. Im Dezember 2005 beurlaubte ihn Manager Rudi Assauer. Im März 2011 kehrte er zurück, löste seinen Vertrag aber im September wegen Burn-out-Syndroms auf.
Nun ist jedoch alles ein wenig komplizierter, als es scheint, auch wenn Rangnick grundsätzlich bereit sein soll, den Klub in der 2. Liga als Vorstand und Gesicht zu führen. Diese Information verschiedener Medien deckt sich mit der des SPIEGEL, auch den Ablauf am Freitag bestätigten unterschiedlichen Quellen. Aus dem Verein ist auch von einer »orchestrierten Aktion« zu hören – was zeigt, dass es Widerstände gibt gegen den Fachmann Rangnick.
Als der Aufsichtsrat am Freitag tagte, soll der Vorsitzende Jens Buchta seinen Favoriten für die Nachfolge von Jochen Schneider als Sportvorstand vorgestellt haben. Es soll Markus Krösche sein, derzeit noch Sportdirektor bei RB Leipzig. Ein anderer Aufsichtsrat, Stefan Gesenhues, habe dann im Auftrag einer bislang im Verborgenen gebliebenen Gruppe den Namen Rangnick eingeführt, samt der Information, dass die Gruppe schon dessen Ja-Wort eingeholt habe.
Die Namen von einigen Mitgliedern jener Gruppe sind dem SPIEGEL bekannt. Es sind Spieler darunter, ehemalige Mitarbeiter, aber auch Namen, die selbst altgediente Mitarbeiter zuvor noch nie gehört hatten. »Einflussreiche Schalker aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft« seien es, berichteten »Bild« und Funke am Freitag nahezu wortgleich. Sie hätten nicht nur Rangnick parat, sondern brächten auch Geld in Form von Sponsoren mit.
Superwahljahr beim FC Schalke 04
Das hört sich nach einem Angebot an, das niemand ablehnen kann, schon gar nicht der FC Schalke. Dennoch soll es in einer Stimmungsabfrage die Mehrheit des Aufsichtsrates getan haben und sogar recht sauer auf Gesenhues sein. Der Vorsitzende Buchta, der auf Anfrage des SPIEGEL eine Stellungnahme ablehnte, ist seit Freitag bei vielen Schalke-Fans der Buhmann. Mails, die die Wut der Verfasser zeigen, erreichten den Rechtsanwalt über die Adresse der Kanzlei.
Der Grund für den entstandenen Machtkampf dürfte in einem Wahlkampf liegen, den es so gar nicht geben sollte. Schalke befindet sich in einem Superwahljahr. Da die Mitgliederversammlung 2020 wegen der Coronapandemie verschoben werden musste, sollen am 13. Juni dieses Jahres gleich fünf Mitglieder des Aufsichtsrates neu gewählt werden. In dem Kontrollgremium sitzen elf Köpfe, fünf davon werden kooptiert (etwa als Vertreter wichtiger Sponsoren) oder entsandt, von den Abteilungen des Vereins und dem Schalker Fan-Club Verband.
Der Aufsichtsrat gilt immer noch als eine Runde von Männern, die vom jahrzehntelangen Vorsitzenden Clemens Tönnies geführt und bevormundet wurden. Insofern ist die Chance groß, das wichtigste Gremium des Vereins, das den Vorstand beruft und abberuft sowie alle wichtigen und teuren Geschäfte absegnen muss, zu erneuern.
Für jeden freien Platz im Aufsichtsrat werden zwei Kandidaten zur Wahl zugelassen. Es gibt allerdings weit mehr als 30 Bewerberinnen, mit denen der Wahlausschuss spricht, um sie dann zuzulassen oder nicht. Es gilt als Tabu, Wahlkampf zu betreiben, solange der Wahlausschuss seine Entscheidungen nicht veröffentlicht hat. Die Gruppe hinter Rangnick, so die Information des SPIEGEL, soll mindestens drei Mitglieder haben, die sich für eine Kandidatur beworben haben.
Die Vermutung liegt nahe, dass jemand eine Gegenleistung dafür fordert, dass er dem Verein Rangnick und Geld besorgt. Ein mögliches Konfliktpotenzial bergen auch die möglichen Sponsoren, sollten sie etwa in ihren Branchen in Konkurrenz zu aktuellen Förderern stehen. Über die Motive der Gruppe ist nichts bis wenig bekannt, auch ihr Standpunkt zu einer kontrovers diskutierten Ausgliederung des Vereins in eine andere Rechtsform ist offen. Ihr Pfund ist Rangnick, der kürzlich in der ARD sagte, dass er sich mit seinen 62 Jahren noch eine »schöne, große Aufgabe« bei einem »Traditionsverein« vorstellen könne.
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