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Formel 1, Technik erklärt: Wie funktioniert der Ground effect? - Motorsport-Magazin.com

Im Jahr 2022 wird das Reglement der Formel 1 grundlegend verändert. Ein wichtiger Eckpfeiler des neuen Reglements ist die Rückkehr zum Ground effect.
von Martin Jacobs

Im Jahr 2022 steht der Formel 1 eine neue Regelnovelle bevor, die das Überholen auf der Strecke einmal mehr vereinfachen soll. Ursprung aller Überholprobleme in der Formel 1 ist die sogenannte "Dirty Air". Hierbei handelt es sich um verwirbelte Luft, die durch Diffusor und Flügelelemente hinter einem Formel 1 Auto entsteht. Hinterherfahrende Autos verlieren durch die "Dirty Air" Anpressdruck, wodurch das Attackieren des Vordermanns erschwert und außerdem der Reifenverschleiß erhöht wird.

Ab 2022 sollen die Flügelelemente der Autos vereinfacht werden. Außerdem sieht das Reglement eine Rückkehr zum Ground effect (zu Deutsch "Bodeneffekt") vor. Beide Maßnahmen sollen dazu führen, dass die Autos einerseits weniger "Dirty Air" generieren und andererseits weniger anfällig für selbige sind. Das Überholen müsste in der Folge leichter werden.

Geschichte des Ground effect

Der Ground effect ist in der Formel 1 ein alter Bekannter: Bereits in den 70er und 80er Jahren bediente man sich dieses Prinzips, um Downforce über den Unterboden zu generieren. Pionier in diesem Bereich war der Aerodynamiker Peter Wright, der die Technik 1977 mit dem Lotus 78 erstmals in der Formel 1 einführte. Während man im Jahr 1977 fünf Rennen gewinnen konnte, gelang im Jahr 1978 der Gewinn der Fahrer- und Konstrukteursmeisterschaft. Die Technik war so überlegen, dass die anderen Teams gezwungen waren, das Erfolgskonzept von Lotus zu übernehmen.

Der Lotus 78 - Foto: Sutton

Die Autos gewannen in der Folge enorm an Abtrieb, sodass Kurvengeschwindigkeiten erreicht wurden, für die weder die damaligen Autos, noch die damaligen Strecken geeignet waren. Das hierdurch entstandene Gefahrenpotenzial wurde ab Beginn der 80er Jahre durch Verbot von Seitenschürzen und Vorschrift eines flachen Unterbodens sukzessive eingeschränkt. Die Fahrzeugtechnik und Sicherheitsvorschriften haben sich in den letzten Jahrzehnten deutlich gebessert, sodass der Ground effect ab dem nächsten Jahr ein Comeback feiern kann.

Wie funktioniert der Ground effect?

Um den Ground effect zu erzeugen, muss die Luft unter den Autos beschleunigt werden. Hierzu bedient man sich eines Effekts, der durch den italienischen Physiker Giovanni Batista Venturi beschrieben wurde. Der nach ihm benannte "Venturi Effekt" lässt sich am besten anhand eines Rohrs erklären, das sich in seinem Verlauf verengt. Der Venturi Effekt besagt, dass die Geschwindigkeit eines Gases oder einer Flüssigkeit in diesem Rohr an seiner engsten Stelle am schnellsten ist. Oder anders formuliert: pustet man Luft durch einen Strohhalm und drückt diesen Strohhalm in seinem Verlauf ein wenig zusammen, so ist die Geschwindigkeit des Luftstroms im zugedrückten Teil des Strohhalms am höchsten.

In der Formel 1 wird der Venturi Effekt über sogenannte Venturi Tunnel erzeugt. Hierbei wird die frontal anströmende Luft über 2 voluminöse Eingänge vor den Sidepods in zwei Tunnel aufgenommen, die die Luft unter das Auto führen. Die Dächer der Venturi Tunnel nähern sich in ihrem Verlauf immer mehr der Fahrbahnoberfläche an. Je mehr die Luft durch die Venturi Tunnel in Richtung der Fahrbahnoberfläche gedrängt wird, desto mehr wird sie beschleunigt.

Die sogenannten 'Venturi-Tunnel' am Unterboden eines 2022er Concept Cars - Foto: Formula One Media

Doch warum führt die unter dem Auto beschleunigte Luft zur Erzeugung von Anpressdruck? Grund hierfür ist das "Bernoulli Gesetz". Selbiges besagt, dass der statische (senkrecht zum Luftstrom laufende) Druck eines strömenden Gases mit zunehmender Geschwindigkeit abnimmt. Das bedeutet: Je schneller die Luft unter einem F1-Wagen beschleunigt wird, desto mehr wird das Auto durch die beschleunigte Luft zum Boden "gesaugt".

Nachteile des Ground effect

Die Technik ist - anders als Flügelelemente - stark von der Lage des Fahrzeugs zur Fahrbahnoberfläche abhängig und daher recht empfindlich. Idealerweise befinden sich die Venturi Tunnel in einem bestimmten (geringen) Abstand zur Fahrbahnoberfläche. Hebt sich das Auto aber zu weit von der Streckenoberfläche ab - zum Beispiel beim Befahren der Randsteine - so reißt der über die Venturi Tunnel generierte Anpressdruck schlagartig ab. Die Folge ist ein plötzlicher Verlust von Anpressdruck und eine mögliche Instabilität des Rennwagens. Aufgrund dieser Besonderheit des Ground effects ist es möglich, dass ein zu aggressives Befahren der Streckenbegrenzungen - wie zuletzt beim Bahrain GP - von den Fahrern ab 2022 vermieden wird.


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