Szene des Spiels: Die folgte eigentlich erst mit dem Schlusspfiff, die 90 Minuten boten nicht gerade Anlass für Partystimmung. Aber dann, als Schluss war, jubelten die Gewinner aus Italiener – und auch die Verlierer aus Wales. Die italienische Fußball-Nationalmannschaft rannte mit hochgerissenen Armen in Richtung Fankurve. Aufseiten der Waliser sah man zu Fäusten geballte Hände, einen lachenden Gareth Bale. »Wir sind müde und stolz«, sagte der Superstar anschließend. Nach der sensationellen EM 2016 mit dem Halbfinal-Einzug hat sich Wales erneut für die K.-o.-Runde einer EM qualifiziert, vor der Schweiz und der Türkei, in einer schweren Gruppe. Bale hat daran seinen Anteil, zwei Torvorlagen hatte der 31-Jährige zuvor beim 2:0 gegen die Türkei geliefert, diesmal fiel er als Kapitän auf (aber dazu später mehr).
Ergebnis des Spiels: Italien hat Wales 1:0 (1:0) im letzten Vorrundenspiel besiegt und damit die Gruppe A mit 7:0 Toren und neun Punkten aus drei Spielen beendet. Mehr geht nicht. Hier lesen Sie den Spielbericht. Im Achtelfinale stehen beide Mannschaften, Italien als Gruppenerster, dahinter Wales. Die möglichen Gegner für Italien sind die Ukraine oder Österreich; Wales könnte auf Dänemark, Finnland oder Russland treffen.
Der breite Kader: Italien stand bereits vor dem Spiel als Achtelfinalist fest und wäre mit einem Punkt sicher Erster gewesen, Wales bei einem Remis ebenfalls im Achtelfinale. So bot sich für Trainer Roberto Mancini die Gelegenheit, mal zu zeigen, was und wen er alles hat: Er schonte einige Spieler, nahm acht Veränderungen in seiner Startelf vor, unter anderem fehlte dort das Stürmerpaar Ciro Immobile und Lorenzo Insgine sowie Giorgio Chiellini in der Defensive. In der Schlussphase wechselte Mancini sogar noch Torwart Gianluigi Donnarumma aus, um auch Salvatore Sirigu ein paar Spielminuten zu geben.
Edler Techniker: Apropos Mancini: Der Trainer war es, der zunächst für den einzigen Höhepunkt einer ereignislosen Partie sorgte. Er stoppte einen gescheiterten Flugpass ins Seitenaus per Hacke, in schwarzen Lederschuhen:
Ende der Stille: Es war phasenweise erstaunlich ruhig im Stadion von Rom, dann köpfte Chris Gunter nach einem Eckball der Waliser knapp über das Tor. Das war in der 27. Minute, und diese Aktion war der Wachmacher für alle Beteiligten: Danach hatte auch Italien eine gefährlichere Chance durch Federico Chiesa, der aus spitzem Winkel verzog. Anschließend wurde es auch auf den Ränger lauter, denn Matteo Pessina hatte das Führungstor der Italiener nach einem Freistoß (39. Minute) erzielt.
Bergamo-Export: Es ist offenbar das Wochenende der Bergamo-Profis, wie der neue DFB-Star Robin Gosens, der gegen Portugal überragt hat, spielt auch Pessina für Atalanta, das in der vergangenen Saison Dritter in der Serie A geworden ist und sich zu einer Spitzenkraft in Italien entwickelt hat.
Die Festung: Kurz vor dem 1:0 der Italiener war noch etwas anderes passiert. In der 35. Minute durfte sich die Mannschaft über 1000 Minuten ohne Gegentor freuen. Letztmals im Oktober 2020 hatte Italien gegen die Niederlande einen Treffer kassiert, danach folgte eine Serie von Zu-null-Spielen. Mitverantwortlich für diesen Erfolg ist Gianluigi Donnarumma (der fast immer im Einsatz war), das Jahrhunderttalent, der legitime Nachfolger von Gianluigi Buffon im Tor, der bereits 2014 einen Vertrag bei der AC Milan unterschrieben und seither 215 Ligapartien für den italienischen Klub bestritten hat. Und trotzdem: Er ist immer noch erst 22 Jahre jung. Nach der EM wird Donnarumma den Verein wohl wechseln, das Ziel könnte laut Medienberichten Paris Saint-Germain sein.
Der Jüngste mit Rot: Noch war diese EM ohne Rote Karte ausgekommen, ohne einen direkten Platzverweis. Dies änderte sich in der 55. Minute. Ethan Ampadu kam in einem Zweikampf zu spät und erwischte den Knöchel von Federico Bernardeschi. Eine unglückliche Aktion ohne Absicht, für die auch eine Gelbe Karte genügt hätte. Der 20-Jährige wirkte deswegen sehr geknickt, zumal er nun auch einen Rekord hält, mit den man auf Partys nicht unbedingt angibt: Er ist der jüngste Rotsünder der EM-Geschichte.
Trost vom Superstar: Superstar und Wales-Kapitän Gareth Bale tröstete anschließend den jungen Teamkollegen und begleitete ihn vom Feld. Bale, einst der teuerste Fußballer der Geschichte, gilt als eine schwierige Persönlichkeit, Real Madrid wollte ihn schon häufig loswerden und hatte ihn zuletzt an Tottenham verliehen. Doch wenn Bale das Wales-Trikot anzieht, dann scheint dort ein anderer Charakter auf dem Platz zu stehen. Von Allüren keine Spur.
Bloß kein Debakel: Mit der Roten Karte war auch klar, dass ein Punkt für Wales in weite Ferne gerückt war. Jetzt ging es nur noch darum, nicht unterzugehen, um mit vier Punkten und dem besseren Torverhältnis sicher als Gruppenzweiter ins Achtelfinale einzuziehen – vor der Schweiz. Man sah also sehr viele rote Trikots im Strafraum der Waliser, sehr viele Menschen, die für sich jetzt nur noch eine Aufgabe sahen: verteidigen. Und das gelang.
Abschied aus Rom: Das Olimpico, dieser Betonpalast im Norden Roms, hat die italienische Mannschaft bisher durch das Turnier getragen. Zwischen 11.000 und 16.000 Fans waren bei den Spielen der Squadra Azzurra anwesend und sie halfen dem Team mit ihrer Unterstützung, in die EM zu finden. Fortan wird Italien ohne die bisherige Heimspielstätte auskommen müssen. Es geht im Achtelfinale in London weiter, in einem möglichen Viertelfinale würde Italien in München spielen. Aber, so scheint, das Team kommt gut zurecht, inzwischen ist es seit 30 Partien ungeschlagen. Die italienische Mannschaft wirkt gefestigt genug, um nun aus dem Olimpico auszuziehen.
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