Das ohnehin schon turbulente Rennen vom Hungaroring wurde am Sonntag um 22:02 Uhr noch ein bisschen verrückter. „Auto Nummer fünf wird vom Rennen disqualifiziert“, heißt es in einer offiziellen Mitteilung des internationalen Automobilverbandes FIA. Mit dem Auto Nummer fünf geht Sebastian Vettel am Start. Das bedeutete: Sebastian Vettel verliert seinen starken zweiten Platz, den er beim Großen Preis von Ungarn wenige Stunden zuvor rausgefahren hatte. Das haben die Rennkommissare entschieden.
Der 34-Jährige war da schon längst auf dem Heimweg ins seine Wahlheimat Schweiz. Noch bevor der Flieger abhob, las auch Vettel die ersten Berichte, wonach sein zweiter Platz hinter Sensationssieger Esteban Ocon in Gefahr war. Der Grund: Vettel hatte beim Versuch, den führenden Esteban Ocon noch einzuholen, wohl zu viel Benzin verbraucht. Die technischen Delegierten konnten nach dem Rennen nur 0,3 Liter im Aston Martin von Vettel feststellen.
Das Problem: Am Rennende muss aber mindestens noch ein Liter im Tank sein, um den Regelhütern des Weltverbands FIA eine qualitative Prüfung des Sprits zu ermöglichen. So soll sichergestellt werden, dass kein illegaler Kraftstoff eingesetzt wird. „Das Team erhielt mehrere Gelegenheiten, um zu versuchen, die erforderliche Menge an Kraftstoff aus dem Tank zu entfernen, doch es gelang nur, 0,3 Liter abzupumpen“, heißt es in der offiziellen Mitteilung der FIA.
Aston Martin protestiert
Aston Martin hinterlegte umgehend bei den Rennkommissaren eine Absichtserklärung für einen Protest. Vettels Wagen wurde daraufhin versiegelt. In einer Anhörung betonte der Rennstall, es seien etwas mehr als 1,4 Liter im Tank. Nach dem Rennen, als Vettel noch dachte, er sei Zweiter, hatte er zu der verpassten Siegchance noch gesagt: „Natürlich bin ich ein bisschen enttäuscht, ich hatte das Gefühl, dass ich das ganze Rennen ein bisschen schneller war, ich bin aber nicht rangekommen.“ Nun ist er wohl mehr als nur ein bisschen enttäuscht.
Seit einigen Jahren ist es verboten, während des Rennens nachzutanken. Es hatte zu viele gefährliche Unfälle während der risikoreichen Betankung gegeben. Außerdem verschlang das Hightech-Equipment zu viel Geld. Die Konsequenz daraus ist, dass die Teams versuchen, mit so wenig Benzin wie möglich ins Ziel zu kommen. Denn jedes Gramm zu viel bedeutet auch weniger Geschwindigkeit und mehr Verschleiß der Reifen. Die Formel 1 ist eine Motorsportklasse, wo solche Kleinigkeiten über Sieg und Niederlage entscheiden.
Vettel joggte in die Boxengasse
Ins Rennen gehen die vollgetankten Boliden am Start eines Grand Prix mit etwas über 140 Litern im Tank. Vettel fuhr die 70 Runden problemlos, stellte sein Auto dann aber etwas überraschend auf der Ehrenrunde nach der Zieldurchfahrt bereits in der letzten Kurve ab. Anschließend setzte er den Weg zu Fuß fort und joggte in Richtung Boxengasse – wo er eigentlich hätte parken müssen. Das machte die Offiziellen misstrauisch.
Vettel begründete die ungewöhnliche Aktion mit Problemen an den Sensoren. Es sei eine reine Vorsichtsmaßnahme, nichts weiter. Wie sich jetzt herausstellte, diente der verzweifelte Parkvorgang vor Einfahrt in die Boxengasse aber wohl eher einer letzten Harakiri-Aktion, um noch irgendwie etwas Sprit im Tank zu sparen. Um 20.11 Uhr teilte die Formel 1 offiziell mit, dass ein Team-Mitglied sich wegen der geringen Sprit-Menge vor den Renn-Stewards zu verantworten habe, um 22.02 Uhr kam dann das Urteil, welches diesen verrückten Rennsonntag komplettierte.
Der lachende Dritte, im wahrsten Sinne des Wortes, ist Carlos Sainz von Ferrari. Er rutschte nachträglich aufs Podium. Am Abend veröffentlichte er ein Video, in dem er den obligatorischen Champagner, der bei der Siegerehrung verspritzt wird, sehr stilvoll in sein Glas kippt. „Mein zweites Podium für Ferrari und super glücklich für das gesamte Team nach all den Anstrengungen, die wir in diesen ersten Teil der Saison gesteckt haben“, schrieb er bei Twitter.
Lewis Hamilton (Mercedes), der eigentlich Dritter wurde, ist nun auf dem zweiten Platz. “Es tut mir leid für Seb. Es ist immer eine Ehre mit dir auf dem Podium zu stehen und du hast dir dieses Ergebnis verdient“, schrieb der Brite bei Instagram. Sieger ist und bleibt der überraschende Champion Ocon von Alpine.
Die Einteilung des Benzins über die volle Renndistanz ist eine Aufgabe des Teams, der Fehler liegt also nicht beim Fahrer. Und trotzdem: Was zunächst aussah, wie ein Traumende vor der Sommerpause, wurde für Vettel wegen 0,7 Litern zu wenig Benzin am Ende zum Alptraum.
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