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Kommentar: Süle-Abschied vom FC Bayern - Am Ende gibt es nur Verlierer - fcbinside.de

Niklas Süle wird den FC Bayern kommenden Sommer verlassen. Wohin es den 26-jährigen Innenverteidiger zieht, ist noch offen. Vieles spricht für einen Wechsel ins Ausland. Der Abschied von Süle sorgt derzeit für viel Aufsehen in München und droht für den Rekordmeister erneut in einem Kommunikationsdesaster zu enden. Ähnlich wie bei David Alaba und Jerome Boateng hat die Führungsriege an der Säbener Straße in den vergangenen Wochen kein gutes Bild abgegeben. Aber auch das Verhalten von Süle wirft Fragen auf. Ein Kommentar.

Wie die Bayern vergangene Woche bekannt gaben, hat sich Niklas Süle dazu entschieden seinen auslaufenden Vertrag beim FC Bayern nicht zu verlängern. Die Gründe dafür sind vielschichtig und kompliziert, zumindest aus Sicht des Spielers. Die Verantwortlichen in München hingegen haben in den vergangenen Tagen eine relativ einfache Erklärung geliefert: Süle war nicht bereit das „sehr gute Vertragsangebot“ der Bayern anzunehmen. Die jüngsten Aussagen von dessen Berater Volker Struth werfen jedoch Fragen auf und deuten darauf hin, dass die Münchner die geplatzte Vertragsverlängerung mit Süle fahrlässig verschuldet haben.

Widersprüchliche Aussagen und fragwürdige Statements

Laut Struth ist die Verlängerung nicht nur am Thema Gehalt gescheitert, der 55-jährige verwies auf die „fehlende Wertschätzung“ seitens der Bayern. Ein Begriff, der inflationär im Zusammenhang mit Vertragsverlängerungen verwendet wird und bei vielen Fans mittlerweile verpönt ist. Im Fall von Süle hat Struth die „fehlende Wertschätzung“ jedoch nicht nur auf das Finanzielle reduziert. Der erfahrene Spielerberater verwies unter anderem darauf, dass die Bayern schlichtweg zu spät auf Süle zugegangen sind: „Früher gab es ein Vertragsgespräch immer zwei Jahre vor Vertragsende, bei Süle waren es nur sechs Monate davor und da war der Groschen schon gefallen.“

Aber warum haben sich die Bayern bei Süle so viel Zeit gelassen? Es ist ein offenes Geheimnis, dass der Innenverteidiger in München in den vergangenen Jahren kritisch beäugt wurde. Dem 26-Jährigen wurde, zumindest medial, stets ein unprofessioneller Lebensstil nachgesagt. Dies steht jedoch im deutlichen Widerspruch dazu, dass sich dieser nach zwei Kreuzbandrissen wieder bei einem europäischen Topklub zurück gekämpft hat.

Auch der sportliche Mehrwert wurde immer wieder in Frage gestellt. So auch im Februar 2021, als Ex-Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge Süle nach der 1:2-Niederlage gegen Frankfurt öffentlich für die Niederlage verantwortlich gemacht hat. Rummenigge kritisierte damals das Abwehrverhalten beim zweiten Gegentreffer durch Amin Younes sehr harsch: „Das sind Fehler, die nicht passieren dürfen“. Süle, der nicht zwingend bekannt dafür ist sich gerne vor TV-Kameras und Mikrofone zu stellen, wehrte sich kurz darauf deutlich: „Ich sehe es in diesem speziellen Fall einfach anders. Für so ein Tor angemahnt zu werden, egal von wem, das stört mich!“. Wenn sich Klubchef und Spieler öffentlich zanken, ist dies sicherlich kein Zeichen dafür, dass ein harmonisches Verhältnis besteht, welches auf Vertrauen und gegenseitiger Anerkennung beruht.

Auch die vermeintlichen Vertragsverhandlungen zwischen den Bayern und Süle werfen Fragen auf: Laut Oliver Kahn haben die Bayern „sehr, sehr viele und intensive Gespräche“ mit Süle in den vergangenen Wochen geführt und dem Abwehrspieler ein Angebot unterbreitet. Die Version von Struth dazu klingt deutlich anders. Demnach gab es nie konkrete Verhandlungen zwischen dem Klub und der Spielerseite. Dem Vernehmen nach hat Struth im Spätherbst des vergangenen Jahres lediglich ein Gespräch mit Sportvorstand Hasan Salihamidzic geführt: „Es gab eine mündliche Richtung, es gab einen Ansatz. Wir haben uns getroffen, haben darüber geredet und ich habe damals signalisiert, dass der Spieler in Gedanken ist, ob er grundsätzlich verlängern möchte. Da ging es gar nicht ums Geld.“

Besonders skurril: Wie Struth betont, hat Süle den Bayern-Verantwortlichen am 2. Januar persönlich mitgeteilt, dass er den Klub am Saisonende verlassen wird. Knapp drei Wochen später verkündete FCB-Präsident Herbert Hainer im Interview mit „Sky“ jedoch, dass der Verein bisher noch keine „finale Rückmeldung“ vom Spieler erhalten habe.

Auch die Aussagen des ehemaligen Bayern-Chefs Rummenigge, wonach Süle zwar ein „brauchbarer Spieler“ war, sich beim Rekordmeister „aber nie wirklich durchsetzen konnte“ sind mehr als fragwürdig. Ja, Rummenigge hat keine operative Funktion mehr beim FC Bayern und ja, diese Aussagen sollte man nicht zu hoch hängen. Dennoch: Süle hat den Großteil seiner Bayern-Zeit unter bzw. mit Rummenigge verbracht und solch einen öffentlichen Umgang nicht verdient. Zumal Kahn zuletzt noch betont hat, dass der Abschied „sehr schmerzhaft“ für die Bayern sei, da man einen „der aktuell besten Innenverteidiger“ verliert.

Bemerkenswert ist vor allem die Tatsache, dass die Bayern scheinbar nichts aus den eigenen Fehlern gelernt haben. Auch die beiden ablösefreien Abgänge von David Alaba und Jerome Boateng endeten in einem Kommunikationsdesaster. Während man sich bei Alaba eine öffentliche Schlammschlacht mit dem Berater geliefert hat, wurde Boateng unmittelbar vor dem wichtigen CL-Spiel gegen Paris Saint-Germain mitgeteilt, dass den Verein nicht mehr mit ihm plant.

Die Bayern sind eine sehr große Fallhöhe für Süle

Die Bayern haben in der Causa Süle sicherlich kein gutes Bild abgegeben. Der Innenverteidiger muss sich jedoch ebenfalls die eine oder andere kritische Frage stellen lassen. Im September 2021 hat der „SPIEGEL“ WhatsApp-Chats zwischen Süle und einem Mitarbeiter seiner ehemaligen Berateragentur veröffentlicht, die belegen, dass dieser bereits 2018, nur ein Jahr nach seinem Wechsel zum FC Bayern, bereits über einen Abschied nachgedacht hat. Es ist schwer vorstellbar, dass damals die „fehlende Wertschätzung“ bereits eine tragende Rolle gespielt hat. 2019 war Süle erneut gewillt den Verein in Richtung England zu verlassen. Ein Kreuzbandriss verhinderte dies jedoch. Es scheint fast so, als hätte Süle den FCB als „Zwischenstation“ für seinen großen Traum von der Premier League gesehen.

Wie Süle-Berater Struth betont, möchte der Innenverteidiger nach fünf Jahren beim FC Bayern etwas Neues ausprobieren. Vieles spricht für einen Wechsel ins Ausland, was für einen Profi im besten Fußballer Alter mit einem auslaufenden Vertrag sicherlich eine reizvolle Option ist. Klar ist aber auch: Die Fallhöhe für Süle ist groß. Auch wenn dem Abwehrspieler in München die fehlende Rückendeckung seitens der Verantwortlichen gefehlt hat, gab und gibt es diese definitiv von dessen Teamkollegen und Cheftrainer Julian Nagelsmann. Wie Manuel Neuer zuletzt deutlich gemacht hat, genießt Süle innerhalb der Mannschaft ein sehr hohes Standing. Laut dem FCB-Kapitän „sind alle genervt“, dass Süle den Verein im Sommer verlassen wird. Auch Nagelsmann macht keinen Hehl daraus, dass er Süle gerne behalten hätte. Unter keinem anderen Bayern-Trainer hat Süle so viel Einsatzzeiten erhalten wir unter Nagelsmann. Die beiden kennen und schätzen sich bereits aus gemeinsamen Zeiten in Hoffenheim.

Egal bei welchem ausländischen Klub Süle kommende Saison spielen wird, er wird bei null anfangen. Neuer Trainer, neue Kollegen, neues Land, neue Sprache, neue Philosophie. Rein finanziell wird sich dieser Schritt sicherlich lohnen, dieser birgt jedoch auch sportliche Risiken. Süle verlässt nicht nur den deutschen Abo-Meister, sondern auch einen Klub, der in den letzten Jahren stets um die Champions League mitgespielt hat.

Aus Sicht der Bayern bleibt nur zu hoffen, dass das die jüngsten Geschehnisse und Aussagen rund Süle in den kommenden Monaten keinen Einfluss auf dessen sportlichen Leistungen nehmen und sich beide Seiten im Sommer ohne böses Blut voneinander verabschieden können.

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