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Schwere Verletzungen nach schlimmen Stürzen - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Dezente Lounge-Musik statt Après-Ski-Gassenhauer, ein paar Fahnenmasten statt riesiger Stahlrohr-Tribünen – und dort, wo sich normalerweise die Zuschauer drängen, stehen nur ein paar Polizisten und Sicherheitskräfte. Das Hahnenkamm-Wochenende in Corona-Zeiten ist anders, sehr ruhig. Der Streckensprecher ist in diesem Jahr kein Entertainer, der die Stimmung anheizt, sondern ein zurückhaltender Moderator, der sachlich informiert über Zeiten und Plazierungen. Aber nicht nur am Fuße der Streif fehlt an diesem Wochenende das „Halligalli“, wie der gebürtige Österreicher im deutschen Rennanzug, Romed Baumann, die Atmosphäre beim berühmtesten Skirennen der Welt bezeichnet, auch drinnen in Kitzbühel, wo es so still und leer ist wie eben in jedem anderen Skiort der Alpen im Moment.

Aber es gibt ein paar Konstanten, die bleiben. Keine schönen allerdings. Einerseits. Denn andererseits begründeten Stürze einst den Mythos der Streif. Sie gehören zu Kitzbühel wie die goldene Gams für den Sieger und sind Teil des sportlichen Spektakels. Am Freitag bei der ersten von zwei geplanten Abfahrten in Kitzbühel überschatteten gleich zwei schwere Stürze den langersehnten Premieren-Triumph des Schweizers Beat Feuz. Zuerst erwischte es Bormio-Sieger Ryan Cochran-Siegle aus den Vereinigten Staaten in der Traverse und dann den Mannschaftskollegen von Feuz, Urs Kryenbühel, am Zielsprung. Beide mussten mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus gebracht werden.

Vor allem der Unfall von Kryenbühl sorgte für Diskussion. Er war mit mehr als 145 Kilometern in der Stunde an die letzte Schlüsselstelle des Rennens zugerast, hob ab, und in der Luft drückte es ihm die Skier nach unten. Er flog mit dem Kopf nach vorne auf die Piste, rutschte über die Ziellinie und blieb liegen. Nach ersten Informationen war Kryenbühel aber ansprechbar und habe, wie es heißt, auch seinen Trainer erkannt. Später kamen die niederschmetternden Diagnosen: Nach Angaben des Schweizer Skiverbandes Swiss Ski erlitt der 26-Jährige neben einer Gehirnerschütterung und einem Bruch des rechten Schlüsselbeins auch einen Riss des Kreuz- und Innenbandes im rechten Knie. Cochran-Siegle kam glimpflicher davon: Er erlitt nach Angaben des amerikanischen Teams „nur eine leichte Halswirbelfraktur“.

Der Sprung war schon bei der ersten Trainingsfahrt am Mittwoch ein Kriterium gewesen. Weil da die Piste aufgrund von Neuschnee noch relativ weich war, kamen die Athleten aber nicht so schnell an die Absprungkante. Man habe anschließend nur „die ersten ein, zwei Meter entschärft“, sagte Feuz. Aber man sei am Freitag wegen des höheren Tempos „viel weiter hinten“ weggesprungen. Andreas Sander hatte wie Feuz den Vorteil einer früheren Startnummer und ahnte nach seiner Fahrt: „Die Piste wird noch richtig unruhig“, und das führe dazu, dass Kräfte am Ende der knapp zwei Minuten langen Strecke fehlen. Er war als Fünfter der Beste einer insgesamt überzeugenden deutschen Mannschaft.

Bange Minuten: Rettungskräfte in Kitzbühel versorgen Urs Kryenbühl aus der Schweiz.

Bange Minuten: Rettungskräfte in Kitzbühel versorgen Urs Kryenbühl aus der Schweiz. : Bild: dpa

Fast noch höher als die Leistung von Sander und Baumann (Achter) waren die Plätze zwölf und dreizehn von Dominik Schwaiger und Josef Ferstl einzuschätzen. Die beiden waren auf lange Geduldsproben gestellt worden. Zu den zwei langen Verzögerungen wegen der Stürze kam nach Ferstls Start noch eine Unterbrechung, weil es oben am Start heftig zu wehen begonnen hatte. Hätte es sich nicht um Kitzbühel, sondern um ein Rennen in einem anderen Weltcup-Ort gehandelt, wäre die Abfahrt vermutlich schon nach der Nummer 23 zu Ende gewesen und wäre damit nicht gewertet worden.

Die Verantwortlichen harrten aber aus, und tatsächlich tat sich noch eine kleine Lücke mit weniger Wind auf, damit noch die für eine Wertung des Ergebnisses notwendigen sieben Athleten bei dann allerdings schlechteren Lichtbedingungen starten konnten. Es sei so dunkel gewesen, dass es sich „wie fünf am Nachmittag“ angefühlt habe, sagt Schwaiger. „Und dann siehst du nicht, wo die Kante für den Sprung kommt.“

Die Athleten waren sich hinterher einig, dass der Zielsprung für die Abfahrt an diesem Samstag entschärft werden muss. Das gehe aber nur, „wenn man die Mulde davor auffüllt“, sagte Feuz, ehe er zum ersten Mal in seiner Karriere eine goldene Gams überreicht bekam. Nicht am Abend, bei einer stimmungsvollen Siegerehrung vor vielen Tausenden von Fans, sondern gleich nach dem Rennen. Im leeren Skistadion.

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