
Rapperin Breezy: Jedes Mal, wenn man Berlin zu hassen beginnt, passiert etwas unerwartet Schönes
Foto:Rhys Anderson
Neu im Kino: »Sommer 85«
Ein kleines Segelboot, ein Badeort in der Normandie, zwei halbwüchsige Jungs, die sich ineinander verlieben – und was hat die Polizei mit all dem zu tun? Der französische Regisseur François Ozon schildert in »Sommer 85« die Geschichte einer ersten Liebe, in der sich erst nach und nach enthüllt, in welcher Sache die Polizistinnen und Polizisten an der nordfranzösischen Küste eigentlich ermitteln. Mit heiterer Selbstverständlichkeit finden der in eher kleinbürgerlichen Verhältnissen aufwachsende Alexis (Félix Lefebvre) und der aus einer reichen jüdischen Familie stammende David (Benjamin Voisin) zusammen. Sie hören gemeinsam den Mittachtzigerjahre-Hit »In Between Days« der britischen Dark-Wave-Band The Cure, freuen sich an ihren jungen Körpern und lachen über Davids zauberhaft übergriffige Mutter, die von Valeria Bruni Tedeschi gespielt wird. Voller Begeisterung für merkwürdige Haarschnitte und andere atmosphärische Details erzählt der 53-jährige Ozon in dieser Verfilmung eines Jugendbuchs ein anrührendes Drama von Verknalltheit, Verrat und bitterem Verlust. Wolfgang Höbel
Neue Literatur: »Ciao« von Johanna Adorján
Es gibt Journalisten, die überzeugt davon sind, dass etwas erst dann wirklich wichtig ist, wenn sie persönlich darüber berichtet haben. Die Autorin und Journalistin Johanna Adorján muss vielen von ihnen begegnet sein, denn sie beschreibt in ihrem Roman »Ciao« diesen Typus so lustig und genau, dass sich mancher wiedererkennen könnte und ihr Buch allein schon deshalb die Lektüre lohnt. Im Mittelpunkt von »Ciao« steht der Feuilletonist Hans Benedek, dessen Ego längst viel größer ist als sein Ansehen, und leider hält Benedek es für eine gute Idee, dass ausgerechnet er ein großes Porträt über die junge Star-Feministin Xandi Lochner schreibt. Die beiden treffen in Baden-Baden aufeinander, in der Bar des Casinos, und es wird nicht Benedeks einziger Fehler sein, die Praktikantin aus dem Rennen zu kicken, mit der er eine Affäre hat, und die das Porträt mit ihm zusammenschreiben soll – von wegen weibliche Perspektive und so. Adorján ist eine großartige Beobachterin. Bevor ihr Held im gelben Sportwagen nach Baden-Baden fährt, beschreibt sie die Welt von Berlin-Mitte: Medien und Kultur, Ausstellungseröffnungen, Yoga, Programmkinos. Und immer ist es furchtbar wichtig, wer was gesagt und was geschrieben hat, und wer mit wem wo gewesen ist. »Ciao« ist eine Gesellschaftssatire und ein Abgesang auf eine Welt, die mit ihrer ganzen Selbstherrlichkeit im Versinken begriffen ist. Dabei nimmt Adorján die Lächerlichkeit des Gewesenen in den Blick, aber sie entlarvt auch die Angestrengtheit jener, die nachrücken. Das gelingt ihr mit Wärme und mit einem feinen Gespür für Sprache. Claudia Voigt
Neuer Hip-Hop: »Schwarzfahren« von Breezy
»Berlin ist eine Bitch, die dir eine reinhaut«, rappt Breezy in ihrem Debütalbum »Schwarzfahren«. Erst seit ein paar Jahren lebt die US-Amerikanerin in der deutschen Hauptstadt. In diesen Jahren hat sie verstanden, wie es dort läuft. Zum Beispiel, dass man trotz Pandemie vom Vermieter rausgeschmissen werden kann. Der behalte dann die Hälfte der Kaution, »because fuck you really«, so die Rapperin in dem Song »The Berlin Poem«. Aber jedes Mal, wenn man die Stadt zu hassen beginne, passiere etwas Unerwartetes, Schönes. Und man bleibe. So wie die meisten Berliner befindet sich die 33-Jährige in diesem Kreislauf der Hassliebe. »Schwarzfahren« ist aber mehr als eine Hommage an Berlin. In dem Album geht es um Rassismus, Homophobie, Feminismus. Den Aktivismus bemerkt man aber erst, wenn man genauer hinhört. Das lohnt sich, denn die Texte sind gleichzeitig poetisch und rotzig. In »#sayhername« singt sie über Polizeigewalt gegenüber Schwarzen und würdigt die amerikanische Aktivistin Kimberlé Crenshaw, eine prominente Vertreterin der Critical Race Theory. In »Decolonize and Moisturize« geht es um ihre Erfahrung als schwarze Frau in Berlin. Und in »Get Out« beschreibt sie, warum sie nicht mehr in den USA lebt: Bildungsungerechtigkeit, Segregation, Rassismus – und teure Mieten. Ein Problem, das Berlin zumindest nicht überall hat. Danina Esau
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